Tschechien: Wie gut eignet sich unser Nachbar als Wohn- und Unternehmenssitz?
Zu Gast: René Harun
Waren Sie schon einmal in Tschechien? Oder haben über das Auswandern nach Tschechien nachgedacht?
Gutes Bier, berühmte Kurorte, Burgen, Gastfreundschaft und kulturhistorische Städte kommen Ihnen jetzt bestimmt in den Sinn. Die Tschechische Republik liegt im Herzen Europas und ist Deutschlands unmittelbarer Nachbar. Wahrscheinlich ist sie deshalb eines der 20 beliebtesten Auswanderungsländer der Deutschen.
Über die Autobahn können Sie Ihre Familie in Deutschland schnell erreichen. Dabei können Sie viele Dinge, die Sie von zu Hause gewohnt sind, können auch in Tschechien genießen. Außerdem ist Tschechien eines der günstigsten EU-Länder (etwa 37% billiger als Deutschland) und hat dabei eine unglaublich hohe Lebensqualität.
Tschechien ist schon seit langem ein wichtiger Handelspartner Deutschlands und liegt im Außenhandel auf Platz 11 der wichtigsten Länder für Deutschland. Über 4.000 deutsche Unternehmen haben sich bereits in Tschechien angesiedelt - wäre das vielleicht auch ein interessanter Standort für Sie?
Wie sich das Leben in Tschechien als Wohn- und Unternehmenssitz eignet, erfahren Sie in unserem aktuellen Podcast von René Harun, der selbst seit 5 Jahren in Prag lebt und schon seit über 20 Jahren in Handelskammern im Ausland tätig ist.
Die Folge ist auch auf allen gängigen Podcast Plattformen zu finden:
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5 Gründe nach Tschechien zu ziehen
Kulturhistorische Städte, Kurorte und eine wunderbare Natur
Das historische Zentrum der Hauptstadt Prag gehört zu den 14 UNESCO-Weltkulturerbestätten in der Tschechischen Republik. Tschechien ist auch für ihre zahlreichen Schlösser und Burgen (insgesamt 2000!), wie die Prager Burg, und Kurorte (Karlsbad ist weltberühmt!) bekannt. Tschechien bietet zudem auch wunderschöne Wälder, Berge und Seen.Die Nähe zu Deutschland
Sie erleben keinen besonderen Kulturschock und müssen auch nicht in ein Flugzeug steigen, um Familie und Freunde zu besuchen: Mit dem Auto kommt man schnell über die tschechische Grenze und kann Städte wie Dresden, München, Frankfurt oder Nürnberg bequem erreichen. Und auf die Frage sind Deutsche in Tschechien beliebt, gibt es ein klares Ja.Tschechien ist ein EU-Land
Als Bürger der Europäischen Union braucht man für die Einreise in die Tschechische Republik nur einen gültigen Personalausweis oder Reisepass. Man braucht auch keine Arbeitserlaubnis, um als Deutscher oder Österreicher in Tschechien zu arbeiten. Nach 5 Jahren dauerhaftem Aufenthalt und dem Nachweis tschechischer Sprachkenntnisse können Sie die Staatsbürgerschaft beantragen und dürfen dabei Ihre deutsche Staatsbürgerschaft behalten.Sicherheit
Laut dem Global Peace Index für 2021 ist Tschechien der acht sicherste Wohnort der Welt und liegt somit noch vor Deutschland (Patz 16).Niedrigere Lebenskosten als in Deutschland
Tschechiens Lebenshaltungskosten, wie Mietkosten und Lebensmittelkosten sind tief. So gehört Tschechien zu den günstigsten EU-Ländern (durchschnittlich 37% billiger als Deutschland).
5 Vorteile für Unternehmen Tschechien als Standort zu wählen
Gute Handelsbeziehungen zu Deutschland
Tschechien liegt im Außenhandel auf Platz 11 der wichtigsten Länder für Deutschland. Trotz der Corona-Pandemie erwirtschaftete der Außenhandel zwischen Deutschland und Tschechien im Jahr 2021 einen Rekordwert von 97,2 Milliarden Euro. Das ist die Hälfte des deutsch-US-amerikanischen Außenhandels.Ideale geografische Lage
Tschechien liegt im Herzen Europas und hat daher nicht nur gute Anbindungen an seine umliegenden Länder (Polen, Österreich, Deutschland, Slowakei), sondern ist tatsächlich ein guter Verbindungsort für die die ganze Welt. Viele internationale Unternehmen und Banken haben daher ihre Headquarters von bestimmten Bereichen nach Tschechien verlagert, darunter auch Amazon. Das macht Tschechien zu einem der größten Industrieländer Osteuropas.
Geringere Lohnkosten als in Deutschland
Gut ausgebildete Mitarbeiter bekommt man in Tschechien zu deutlich geringeren Lohnkosten als in Deutschland, was der Hauptgrund dafür war, dass sich so viele Unternehmen in Tschechien angesiedelt haben. Die Löhne steigen auch nicht schnell: Der durchschnittlichen Bruttomonatslohn lag 2016 bei 1028 Euro und beträgt heute 1622 Euro.Perfekter Nearshoring-Standort
Da man nicht mehr zu sehr von China und Südostasien abhängig sein will, suchen immer mehr Unternehmen ihre Geschäfts- und Produktionspartner hier in Europa. Die ideale Lage und die immer noch relativ niedrigen Löhne machen Tschechien zum perfekten Nearshoring-Standort.
Förderungen von der EU und tschechischer Regierung
Es gibt neue Förderprojekte der EU (Laufzeit: 2022 bis 2029) und von Czech Invest, einer Investitionsförderungsagentur in Tschechien, die mehrere Fördertöpfe für die Aus- und Weiterbildung einheimischer, aber auch ausländischer Unternehmen bereitstellt, insbesondere in den Bereichen Energieeffizienz und alternative Energien.René Harun bietet Fördermittel-Beratung an und arbeitet mit einem Unternehmen der Außenhandelskammer zusammen, das sich darauf spezialisiert hat, an Fördertöpfe heranzutreten und Anträge für Förderungen zu stellen. Seine Kontaktdaten finden Sie unten.
Unternehmen, die in Tschechien besonders gefragt sind:
Automobilzulieferindustrie
Maschinen- und Anlagenbau
Pharmaindustrie
Chemische Industrie
Elektrotechnik
Bahntechnik
EDV und Gaming
Start-Ups
Falls Sie jetzt neugierig geworden sind und sich überlegen nach Tschechien zu ziehen, oder ein Unternehmen in Tschechien zu gründen, dann beraten wir Sie gerne persönlich. Weitere Informationen zu Tschechien und auch zu vielen anderen Ländern finden Sie auf unserem Podcast Perspektive Ausland und unseren Websites Wohnsitz Ausland, Auslandsunternehmen, St. Matthew, und auf LinkedIn.
Kontaktdaten und Links:
René Harun
Homepage: www.tschechien.ahk.de/
E-Mail: harun@dtihk.cz
Telefon: +420 603280084
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Timestamps
00:00:00 - Begrüßung, Einleitung und Vorstellung René Harun
00:01:35 - Tschechien als Wohnsitz: Wie lebt es sich in Tschechien?
00:07:10 - Ist die tschechische Sprache ein Hemmnis für Deutsche, die da ihren Wohnsitz haben und speziell auch für deutsche Unternehmer?
00:09:20 - Außenhandel: Deutschland und Tschechien
00:11:48 - Was sind die Vorteile und Nachteile ein Unternehmen in Tschechien zu gründen?
00:21:53 - Wie beeinflusst der russische Krieg und die Flüchtlingssituation mit der Ukraine die Unternehmeslandschaft in Tschechien?
00:28:06 - Ist Tschechien eine gute Alternative für FinTech Unternehmen?
00:30:45 - Für welche Unternehmen ist Tschechien der ideale Standort?
00:35:26 - Gibt es steuerliche oder finanzielle Vorteile für ausländische Unternehmen, die sich in Tschechien niederlassen wollen?
00:37:59 - Tschechien hat keinen Euro - Wirkt sich das positiv oder negativ für Unternehmen aus?
00:40:45 - Welche Vorteile hat Tschechien für Unternehmen gegenüber anderen Ländern in Osteuropa?
00:43:42 - Bezüglich der Ukrainesituation: Muss man sich Sorgen über die Zukunft in Tschechien machen?
00:47:40 - 4 Fakten zu Tschechien
Mitschrift zum Podcast Perspektive Ausland Episode 50: Tschechien: Wie gut eignet sich unser Nachbar als Wohn- und Unternehmenssitz?
Zu Gast: René Harun
Perspektive Ausland – Perspektive Ausland der Podcast für Unternehmer und Freiberufler die es ins Ausland zieht. Egal ob Steuerplanung, Auslandsfirmengründung oder Lifestyle-Fragen: Hier geht's jede Woche zur Sache und hier sind deine Gastgeber Daniel Taborek und Sebastian Sauerborn.
00:23 - Begrüßung, Einleitung und Vorstellung René Harun
Sebastian Wir wollen heute über Tschechien reden: hat traumhafte Landschaft, unwahrscheinlich viele kulturhistorische Städte, und nicht nur Prag, das wirst du ja viel besser als ich wissen, weil du ja jetzt viel Zeit in diesem Land verbringst. Aber bevor wir jetzt richtig ins Thema eintauchen, René, stell dich doch bitte unseren Zuschauern und Zuhörern mal vor.
René René Harun ist mein Name. Ich bin jetzt seit 5 Jahren in Tschechien. Und bin seit über 20 Jahren in Auslandshandelskammern und Handelskammern im Ausland unterwegs. Daniel, wir kennen uns noch aus der vorherigen Zeit aus Teheran, auch ein schöner Standort. Ist eine schöne Zeit gewesen, die möchte ich nicht missen. Die Zeit davor war ich auch noch lange in einem Land, das jetzt leider sehr schlechte Schlagzeilen macht. Ich war zuletzt 13 Jahre am Stück in Russland. 9 Jahre in Moskau und 4 Jahre in Sankt Petersburg.
00:01:35 - Tschechien als Wohnsitz: Wie lebt es sich in Tschechien?
René Und als ich jetzt hier nach Tschechien kam, von Teheran aus, dachte ich “Prima, jetzt kommt man eigentlich mehr oder weniger wieder zurück nach Hause''. Mit nach Hause meine ich einerseits Richtung Russland. Aber da bin ich doch ziemlich schnell eines Besseren belehrt worden. Denn die Beliebtheit Russlands ist nicht sonderlich groß. Auch aus der Geschichte heraus muss man leider sagen. Und jetzt sieht man leider auch wieder, was in der Ukraine passiert. Also der Prager Frühling '68 ist hier doch noch fortwährend. Und, naja, nach Hause, ist dann eher, weil wir in Tschechien ja doch wieder sehr nahe an Deutschland sind. Das ist in der Tat so. Man ist in anderthalb Stunden in Dresden und Regensburg. Das geht wirklich rasend schnell. Man setzt sich auf die Autobahn und dann kommt man eigentlich ganz schnell über die deutsche Grenze. Das ist ganz gut, weil man dann auch wieder näher an den Eltern dran ist, zum Beispiel. Und nachdem wir aus zwei zwar schönen, aber auch zwei schwierigen Ländern kommen, in denen ich und meine Familie vorher waren, schätzt man dann halt auch, dass man jetzt eben nach Tschechien gekommen ist. Tschechien ist ein wunderbares Land, so tolle Leute einfach. Es ist eine wunderbare Kultur, die man hier hat. Das was ich eigentlich früher immer gerne getan habe, wie ins Theater oder in die Oper zu gehen, das kann man hier alles wunderbar. Das ist natürlich schön. Was auch super ist, darf man nicht vergessen, die Gastronomie und das ganze Essen ist gut, das berühmte Bier ist natürlich wunderbar. Was man auch wirklich sagen muss: Die Lebensqualität ist exorbitant gut. Man kann schön wandern gehen, man kann schwimmen gehen im Sommer, man kann toll Skifahren gehen im Winter. Die Lifte sind jetzt immer noch auf und sind gut beschneit. Es ist natürlich schwierig gewesen in den 2 Jahren Corona. Wir hatten hier auch schlimme Zahlen und da stand das Land eigentlich mehr oder weniger still. Aber ansonsten haben wir hier wirklich doch eine tolle Lebensqualität.
Daniel Ihr seid ja schon ziemlich rumgekommen. Was sagen deine Frau und deine Familie jetzt im Vergleich zu den anderen Orten, wo ihr wart, so als Resümee?
René Genau das Gleiche muss man sagen. Also wir haben bisher jetzt hier die beste Lebensqualität gefunden. Mein ältester Sohn, der jetzt volljährig ist und in München studiert, als wir von Teheran hierher gekommen sind, und er hier in die deutsche Schule gegangen ist, hat er auch gesagt: "So jetzt ist es genugu hier mit dem Ganzen umziehen. Also wenn ihr nochmal umzieht, dann ohne mich!" Das war eine klare Aussage und die Entscheidung ist dann eigentlich auch schon getroffen worden. Ich habe auch noch einen Jüngeren, der jetzt in der sechsten Klasse ist. Mal sehen, was als Nächstes kommt. Das Resümee von meiner Familie, also was sie zu Tschechien gesagt haben: "Top, ideal, einfach wunderbar."
Daniel Was die Familie denkt, ist ja auch immer wichtig zu wissen.
Sebastian Welche Sprachen sprechen Sie eigentlich zu Hause?
René Wir sprechen ziemlich gemischt. Sehr viel Russisch, und Deutsch natürlich.
Daniel Aber jetzt die tschechische Sprache zu lernen, ist keine Option? Die Kinder gehen in eine Deutsche Schule, hast du gesagt. Also dann haben sie auch keinen Druck, letztendlich die Sprache zu lernen?
René Naja, also die Kinder kommen ja eigentlich ganz schnell in die Fremdsprachen rein. Auch in Teheran gab es Persisch-Unterricht und genauso ist hier in der deutschen Schule dann auch der Tschechisch-Unterricht. Und dadurch, dass meine Kinder ja auch zweisprachig sind und auch eine slawische Sprache sprechen, fällt mit dem Russischen auch das Tschechische viel leichter. Ich verstehe Tschechisch, kann es aber nicht aktiv sprechen, muss ich sagen. Das ist mein Handicap, so ein bisschen auch. Es ist eine schwere Sprache, finde ich. Vor allem, wenn du vier Konsonanten hintereinander hast, hab ich dann echt langsam ein Problem.
00:07:10 - Ist die Tschechische Sprache ein Hemmnis für Deutsche, die da ihren Wohnsitz haben und speziell auch für deutsche Unternehmer?
Daniel Ist das denn ein Hemmnis für Deutsche, die da ihren Wohnsitz haben und speziell auch für Unternehmer? Also wie gut sprechen die tschechischen Mitarbeiter, Freunde, Bekannte Deutsch oder Englisch? Beziehungsweise ist es eine Barriere, die durch die Sprache entsteht?
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René Sagen wir mal so, für uns als Auslandshandelskammer ist es natürlich ein großer Vorteil, dass wir beide Sprachen beherrschen. Und da die tschechischen Sprachkenntnisse unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr gut sind, ist das natürlich für uns als Kammer von Vorteil. Was wir aber doch immer zunehmend sehen, ist, dass nach wie vor noch sehr viel Deutsch gesprochen wird. Also man merkt irgendwie doch, dass die Tschechen eigentlich doch im Prinzip ziemlich gut Deutsch sprechen und dass sie auch richtig gut Englisch sprechen. Aber manchmal hat man das Gefühl, wie soll man das diplomatisch sagen, dass die Notwendigkeit nicht unbedingt besteht, sich in einer Fremdsprache zu unterhalten. Was auch verständlich ist, irgendwo. In Deutschland ist es ja auch eigentlich so, dass man nicht unbedingt ins Englische wechselt, sondern dass man sich auf Deutsch unterhalten will. Das ist in jedem Land eigentlich völlig normal und so haben wir das auch in Tschechien.
00:09:20 - Außenhandel: Deutschland und Tschechien
René Wenn wir jetzt von diesen privaten Aspekten zu den rein wirtschaftlichen Aspekten übergehen: Wir haben im letzten Jahr zum Beispiel zwischen Deutschland und Tschechien einen absoluten Rekord im Außenhandel erreicht. Wir haben 97,2 Milliarden Euro mit dem Außenhandel erwirtschaftet. Tschechien war früher an 10. wichtigster Stelle für Deutschland, was den Außenhandel anbelangt. Jetzt sind wir an der 11. Stelle, was auch wirklich sehr weit vorne ist. Wenn man das jetzt im Vergleich zu einem anderen wichtigen Land, wie China oder den USA, sieht, ist das die Hälfte des Deutsch-US-amerikanischen Außenhandels. Das ist eigentlich schon wahnsinnig viel.
Daniel Was sind das denn für Produkte, Rene, die da in erster Linie von Deutschland gekauft werden?
René Es sind natürlich die ganze Automobilen-Zulieferindustrie, die ganzen Sportcars, die natürlich produziert und nach Deutschland geliefert werden. Sehr viel der Maschinen- und Anlagenbau und dann Einzelteile dazu auch. Es ist auch die Pharmaindustrie, die chemische Industrie ist auch sehr stark dabei. Man hat den ganzen bunten Strauß eigentlich. Elektrotechnik ist auch sehr viel dabei als das, was wir aus Deutschland importieren. Tschechien ist in der Vergangenheit immer so die verlängerte Werkbank gewesen, wovon man eigentlich jetzt unbedingt wegkommen möchte. Man möchte mehr ein Innovations-Hub sein, auch für den Weltmarkt. 97,2 Milliarden Euro trotz der schlimmen Corona-Pandemie, die wir jetzt hatten, ist das natürlich ein riesengroßer Schritt. Aber das sind so Zahlen, die man nicht sieht. So schön Tschechien auch ist und was für ein interessanter Standort Tschechien auch ist, muss man sagen, dass man viel zu wenig aus dieser wirklichen Erfolgsstory herausholt.
00:11:48 - Was sind die Vorteile und Nachteile ein Unternehmen in Tschechien zu gründen?
Daniel Woran liegt denn das deiner Meinung nach?
René Schwer zu sagen, ich weiß das nicht. Von deutscher Seite aus gesehen, ist Tschechien jetzt nicht exotisch genug. Ja, wir sind direkt vor der Haustüre. Wir haben einen super interessanten Markt in Tschechien. Wir haben über 4000 deutsche Unternehmen, die hier unterwegs sind. Und das ist nicht exotisch genug, nicht so exotisch wie Teheran, China, Südamerika, Afrika. Tschechien ist einfach nur der Nachbar und da trinkt man gerne Bier und das ist schön und gut, aber was da wirklich für ein Potential dahinter steht, was das eigentlich für einen wichtigen Stellenwert für den deutschen Außenhandel darstellt, das sieht man nicht so. Man muss aber auch sagen, dass von der tschechischen Seite aus auch nicht sonderlich viel Wert darauf gelegt wird. Man könnte eine echte Success-Story daraus machen. Guck mal, was wir hier alles haben. Was für ein super interessanter Markt das doch überhaupt für den Weltmarkt ist, und für alle Unternehmen, die sich hier niederlassen können.
Daniel Habe ich von Tschechien auch Zugang zu anderen interessanten Märkten? Das war ja auch immer in Teheran so ein Punkt, dass wir gesagt haben, dass deutsche Unternehmen, die da sind, auch guten Zugang zu anderen umliegenden Ländern haben. Wie ist das denn in Tschechien? Also da Tschechien gute historische Connections zu anderen Ländern hat, heißt das dann auch, dass ich dann automatisch einen größeren Markt habe, wenn ich in Tschechien bin, oder wie ist es?
René Na ja, schon. Dadurch, dass es ja sozusagen im Herzen Europas liegt, ist es eine super Anbindung. Vom logistischen Aspekt her gesehen ist jedes Land super erreichbar. Wir sind ganz nah an Österreich dran. An Polen sind wir natürlich nah dran. Ich glaube, das liegt auch daran, dass Tschechien ein richtiges Industrieland ist. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg waren ja Deutschland und Tschechien, beides Industrieländer, die völlig auf einem Niveau waren. Das ist ja alles erst später in eine völlig andere Richtung gegangen. Aber ansonsten, die technische Affinität, es ist auch immer sehr viel Forschung hier in Böhmen und Tschechien gewesen. Und Tschechien ist tatsächlich ein guter Verbindungsort in die ganze Welt hinaus. Und nicht umsonst ist es dann auch so, dass viele Unternehmen ihre Headquarters von bestimmten Bereichen nach Tschechien verlagert haben. Wir haben hier z.B. Amazon, die sehr früh den Verteiler für Europa hier in Prag angesiedelt haben. Es gibt hier auch andere Unternehmen und Banken, aus der ganzen Welt, die das ganze Accounting nach Tschechien verlagert haben. Es sind hier IT-Unternehmen, die auch die ganze IT nach Tschechien verlagert haben. Also das ist hier wirklich ein Hub für sämtliche Unternehmen, die alles von Prag aus steuern.
Sebastian Die Gründe, also die Motivation, von Banken oder auch auch von Amazon ist zum einen natürlich die geografische Lage. Tschechien liegt natürlich in der Mitte von Europa. Aber wahrscheinlich auch geringere Lohnkosten, gut ausgebildete Mitarbeiter. Oftmals hat man ja so ein Personalproblem in Deutschland. Selbst wenn man bereit wäre zu bezahlen, ist es ja auch so, dass man bestimmte Leute in Deutschland gar nicht findet.
René Die Gehälter sind in der Vergangenheit doch sehr, sehr gering gewesen. Ich kann euch gleich mal sagen, wie sich der Brutto-Lohn entwickelt hat. Also wir hatten 2016, zum Beispiel, einen durchschnittlichen Bruttomonatslohn von 1028€. Das wird sich jetzt in diesem Jahr 2022 auf 1622€ steigern. Das ist kein richtig großer Sprung, den wir hier gemacht haben seit 2016. Innerhalb der letzten 6 Jahre, das ist nicht viel. Und das ist eigentlich der Hauptgrund gewesen, weshalb sich eigentlich so viele Unternehmen hier angesiedelt haben. Weil doch die Löhne und Gehälter verhältnismäßig gering sind und man das direkt vor Ort hat. Man muss nicht nach China reisen, sondern man kann hier nach Tschechien gehen. Es sind relativ niedrige Gehälter und sehr gut ausgebildete Mitarbeiter, auf die man hier trifft. Das hat natürlich dazu geführt, dass Tschechien die geringste Arbeitslosenquote in der Europäischen Union hat. 2,8% Arbeitslosenquote waren es im letzten Jahr, in der großen Corona-Pandemie. Also Corona hat hier eigentlich gar nicht viel bewirkt. In diesem Jahr wird es noch auf 2,3% runtergehen. Das heißt, wir haben jetzt hier in Tschechien Vollbeschäftigung. Und das ist jetzt in den 5 Jahren, in denen ich auch hier bin und ich das Land beobachten darf, das Investitionshemmnis Nummer 1 für ausländische Unternehmen, die jetzt herkommen wollen. Sie finden zwar noch gute Möglichkeiten und Optionen, aber man muss dann schon auch schauen, in welche Regionen man sich niederlässt. Also, dass man nicht unbedingt nach Prag geht. Am schlimmsten ist es in Westböhmen, also in Pilsen. Da haben wir eine Arbeitslosenquote von 1,2% oder eineinhalb Prozent, das ist Vollbeschäftigung. Man muss sich jetzt also doch mehr an Regionen orientieren wie Nordböhmen, zum Beispiel, Ústí nad Labem (früher "Aussig an der Elbe") oder Richtung Reichenberg, oder Ostrava ganz weit im Osten, Richtung Slovakisch-Polnische Grenze. Da ist die Arbeitslosenquote noch relativ hoch, also 5-6%, da findet man noch eher auf Fachkräfte und Arbeitskräfte.
Daniel Man hat generell ein ähnliches positives Beschäftigungsbild, sag ich jetzt mal, auch in anderen osteuropäischen Ländern. Ich kann mich noch erinnern, wir hatten für einen Podcast mit einem Anwalt in Bulgarien gesprochen, der auch gesagt hat, dass in vielen Regionen in Bulgarien auch mehr oder weniger Vollbeschäftigung erreicht ist. Das heißt also im Grunde, dass wahrscheinlich auch nicht unbedingt viele Leute aus anderen osteuropäischen Ländern Arbeit brauchen. Weil bei denen schon in ihrem eigenen Land alles top läuft und die da sehr gute Jobs finden. Ich glaube, das ist generell ein Problem mit Osteuropa diese Situation. In Polen läuft es ja auch sehr gut. Was ich jetzt auch interessant finde, das haben wir ja auch während Corona erlebt, dass die Lieferketten, gerade was China und Container anbelangt, unglaublich teuer geworden sind. Transportkosten hochgegangen sind und zum Teil auch zusammengebrochen sind. Man hat hinsichtlich China auch so ein generelles Unbehagen, zumindest entwickelt sich das jetzt so ein bisschen, dass man nicht komplett abhängig sein will von China. Man sieht ja jetzt gerade wie Abhängigkeiten zu Problemen führen und im Grunde ja doch auch ein Interesse besteht, sogenanntes Nearshoring zu machen. Das man also eigentlich eher versucht, jetzt bei bei guten verlässlichen Nachbarn einzukaufen. Ist das etwas was du auch feststellen kannst?
René Du hast das Stichwort Nearshoring schon gesagt. Das ist in der Tat so und dafür ist Tschechien mit dieser sehr guten Lage und den nach wie vor relativ geringen Gehältern wirklich fast prädestiniert dafür. Es sind viele Unternehmen gerade dabei, die Produktion in Südostasien runterzufahren und sich einen Geschäftspartner oder einen Produzenten hier in Europa wieder zu suchen. Und da ist Tschechien mehr und mehr gefragt. Auch bei uns werden die Anfragen nach Geschäftspartnern, nach Lieferanten, nach Produktionsflächen immer größer. Die Anfrage war während der Corona Zeit relativ niedrig und steigt jetzt wieder. Wir haben wieder deutlich mehr Anfragen. Wir haben mal so im Spaß einen Schlachtruf entwickelt, so quasi nichts ist "nearer" als Tschechien. Für Nearshoring ist Tschechien also wirklich gefragt.
00:21:53 - Wie beeinfluss der russische Krieg und die Flüchtlingssituation mit der Ukraine die Unternehmen in Tschechien?
Daniel Wie sieht es hier momentan aus mit der Situation in der Ukraine? Kommen viele Flüchtlinge nach Tschechien?
René Sehr, sehr viele. Ich habe jetzt nicht die aktuellen Zahlen, aber wir sind schon bei ca. 200.000 Flüchtlingen, die nach Tschechien kommen. Wir haben zwar keine direkte Grenze mit der Ukraine, aber es sind sehr viele die kommen. Es war schön früher so, dass immer sehr viele Ukrainer in Tschechien gelebt haben. Und seit längerer Zeit auch hier arbeiten. Insofern ist Tschechien als Ankunftsort für viele sehr gefragt. Wir, als Deutsch-Russische Familie, haben ganz explizit ein Zeichen gesetzt, und unsere Kritik am Kremel sehr offen geäußert. Auch über unsere Social Media Kanäle. Wir hatten auch schon zwei Flüchtlingsfamilien, die wir bei uns einquartiert haben und die uns berichtet haben, wie sie aus aus dem Land geflüchtet sind, über welche Wege, wie lange es gedauert hat. Eine Familie kam aus Sumy, eine Stadt die sozusagen komplett zerstört ist. Die andere Familie kam aus Kiev. Es ist einfach schlimm was man da so miterlebt. Und es ist schlimm für uns, da wir Russland eigentlich immer sehr gemocht haben. Das Land selber mögen wir ja auch gerne. Und sehen zu müssen, wie das jetzt völlig in den Abgrund geht, durch so einen Tyrann den man dort vor Ort hat. Jetzt kommen wir ein bisschen vom Thema ab, aber, wie gesagt, es sind schon viele, die aus der Ukraine hierher nach Tschechien kommen. Viele kommen über Polen, viele auch über die slowakisch-ukrainische Grenze, die dann weiter zu Verwandten und Bekannten ins Ausland ziehen. In die Schweiz, nach Italien. Eine Bekannte von uns ist nach Kanada weitergezogen. Wir werden sehen, wie sich das noch weiterentwickelt. Es ist noch mit weiteren größeren Flüchtlingsströmungen zu rechnen. Das sind alles Menschen wie wir, die über Nacht aus ihrem normalen Leben herausgerissen wurden und jetzt einfach sehen müssen wie es weitergeht. Zum Glück ist es so, dass das Europa sehr zusammengeschweißt hat. Obwohl eigentlich vor allem die Visegrád-Länder; also Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn, die ja doch sehr EU-kritisch aufgetreten sind und auch gegen diese ganzen Migrationen sind, das die jetzt sehr zusammengeschweißt sind und helfen und in einer Sprache sprechen. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Putin eigentlich machen wollte: Die EU spalten. Er hat dadurch genau das Gegenteil bewirkt.
Daniel Da stimme ich dir absolut zu. All diese Bemühungen in den letzten Jahren und Jahrzehnten, durch alle möglichen Aktionen Unruhe zu schüren und Menschen gegeneinander aufzubringen, sind jetzt genau ins Gegenteil umgeschlagen. Vielleicht sehe ich es auch viel zu vereinfacht, aber wenn man sich jetzt die Situation mit den Flüchtlingen mal anschaut, mit den Ukrainern die jetzt 3 Jahre bleiben dürfen und manche von denen auch vielleicht längerfristig bleiben werden. Was die Beschäftigungssituation, die du vorhin beschrieben hast, angeht: Wenn ich das jetzt ganz pragmatisch sehe, und jetzt mal die menschlichen Schicksale hier außer Acht lasse, kann das ja auch was Positives sein, oder? Oder kann man das so nicht sehen?
René Man darf jetzt nicht aus dieser Notsituation großen Profit schlagen. Das ist schon richtig, die Flüchtlinge kommen her, bekommen einen Flüchtlings-Status und dürfen sich 3 Jahre in der EU aufhalten und arbeiten, ohne Einschränkungen. Wir haben auch eine Umfrage gestartet, bei welchen Unternehmen jetzt Bedarf an Fachkräften ist.
Daniel Das finde ich gut.
René Das haben wir gemacht. Und es ist jetzt in der Tat so, dass sich ein paar Unternehmen gemeldet haben und meinten, dass sie jetzt dringend Leute benötigen, aber man will dann nicht unbedingt einen Profit draus schlagen.
Daniel Ich meine es es hilft ja auch oftmals, wenn man in der Situation ist und dann eine positive Beschäftigung hat. Also ich sage das jetzt nicht um hier irgendwie profitieren zu wollen, aber es könnte ja für alle Seiten was Positives darstellen.
René Ja, absolut. Und es ist auch wirklich so. Meine Frau, die bei SRP ist, da hat jetzt auch eine Ukrainerin angefangen zu arbeiten und mit ihr wird diesbezüglich ein Interview geführt. Wir hören es auch von anderen Unternehmen, dass dort jetzt auch Mitarbeiter aus der Ukraine eingestellt werden. Also geht es dann Hand in Hand das Ganze.
Daniel Ich finde das klingt nach einem sehr positiven, pragmatischen Approach. Klar, die menschlichen Tragödien sind natürlich immens, aber so sieht es aus, wenn man das Beste daraus macht und was man in einer schwierigen Situation tatsächlich erreichen kann.
René Ja, absolut.
00:28:06 - Ist Tschechien eine gute Alternative für FinTech Unternehmen?
Daniel Nochmal wieder zurück zum Business in Tschechien. Einer der größten Business Branchen mit Perspektive ist ja die Digital Payments FinTech. Wie sieht's denn da eigentlich in Tschechien aus? Also hat sich Tschechien vorgenommen, da eine bedeutende Rolle zu spielen, oder rennt man da eher hinterher? Weil ich habe zum Beispiel gelesen, dass es in in Tschechien überdurchschnittlich viele Bitcoin Geldautomaten geben soll? Hast du schon mal einen gesehen?
René Ja.
Daniel Das lässt ja einiges hoffen. Aber mich würde trotzdem mal interessieren ob Tschechien jetzt zum Beispiel auch eine Alternative für jemanden wäre, der ein FinTech-Unternehmen gründen und aufbauen will? Wie siehst du das?
René Also im Bereich mit Bitcoin und sowas da bin ich jetzt überhaupt nicht bewandert, aber es gibt diese Bitcoin Geldautomaten. Grundsätzlich muss man sagen, was die ganze Digitalisierung anbelangt, ist Tschechien schon sehr früh unterwegs gewesen. Das siehst du auch schon allein daran, dass du in jedem noch so abgelegenen Winkel Tschechiens gutes WLAN hast. Da geht's schon mal los. Es ist sehr viel besser ausgebaut als in Deutschland. Das Erste was passiert, wenn man über die Grenze nach Dresden fährt, dass man gar kein WLAN mehr hat. Das Navi spielt dann auch schon verrückt, wenn man die tschechische Grenze verlässt. Also das funktioniert hier in Tschechien überall ganz gut. Ansonsten stößt man hier auf sehr offene Ohren ganz allgemein und das wird sicherlich auch zunehmend für Unternehmer, die im Bereich FinTech unterwegs sind, und hier was aufbauen wollen, deutlich interessanter werden. Auch mit Tschechien als Standort. Aber was Kryptowährungen angeht und so, darüber weiß ich nicht viel.
Daniel Also man kann seinen Kammer-Mitgliedsbeitrag bei euch auch noch nicht mit Kryptowährungen bezahlen?
René Nein, das haben wir noch nicht eingerichtet.
00:30:45 - Für welche Unternehmen ist Tschechien der ideale Standort?
Daniel Das Einzige was man in Tschechien vielleicht momentan nicht gerade in ausreichender Menge bekommt sind Mitarbeiter. Das ist das Einzige, was jetzt wirklich ein Problem zu sein scheint, was ich so rausgehört habe. Aber was wäre denn jetzt so eine typische Branche, also wenn wir jetzt die Automobilindustrie und Zulieferindustrie weglassen, für welches typische Unternehmen ist Tschechien der ideale Standort?
René Wir haben diese Woche eine Geschäftsreise zum Thema Bahntechnik. Alles, was die Bahntechnik jetzt hier anbelangt der Ausbau des Schienennetzes, die Infrastruktur - das ist ganz wichtig in Tschechien, weil das Schienennetz ist doch ziemlich veraltet. Die gesamte Signaltechnik: Wir hatten ja auch in der Vergangenheit leider einige Unfälle, weil die richtigen, entsprechenden Signale nicht gegeben wurden und dann auch Züge zusammengekracht sind. Also das ist schon ein Bereich, der hier ganz interessant ist. Da haben wir auch eine richtig große Unternehmer-Delegation, die sich gerade bewegt. In Tschechien mit tschechischen Firmen B2B Gespräche zu führen und dann auch mit Ideen in dem Bereich die gesamte Infrastruktur auszubauen, das ist hier sehr interessant. Die Forschung ist eigentlich auch stark im Kommen. Wir haben hier ZF Friedrichshafen, zum Beispiel, die im Forschungsbereich tätig ist. Wenn wir uns die ganze Digitalisierung jetzt nochmal ansehen: Wir haben BMW, die im Bereich autonomes Fahren eine Teststrecke gebaut haben. Wir haben auch EDV, eine starke Gamer Szene. Wir haben auch eine sehr starke Startup-Szene in Tschechien. Also es gibt eigentlich keinen Bereich, wo man sagen kann, dass wir keine Möglichkeiten haben um in Tschechien Fuß zu fassen. Alles was mit Innovationen zu tun hat, da ist man eigentlich dann überall willkommen in Tschechien. Bloß die verlängerte Werkbank, die will man hier nicht mehr sein.
Sebastian Vielleicht kannst du nochmal aus deiner Perspektive was hinzufügen.
Daniel Tschechien hat ja den Vorteil, im Gegensatz zu Malta oder Zypern, das man es von Deutschland aus mit dem Auto erreichen kann. Wir haben einige Mandanten, die von Deutschland aus nach Tschechien umgezogen sind und dann dort Unternehmen gegründet haben.
René Die sind aber grenznah dann?
Daniel Nicht unbedingt grenznah. Die einen haben dort ein Beratungsunternehmen, ein anderer Mandant hat dort ein Softwareunternehmen gegründet. Zum Teil auch Unternehmen im Bereich was Handel anbelangt, also solche Produktionen die auf Amazon verkauft werden. Wo man einfach dann günstige Herstellungskosten nutzt, nehme ich mal an. Da ist Tschechen sag ich mal auf jeden Fall attraktiv. Und vielleicht gibt es auch andere Gründe. Dass Tschechien kein Niedrigsteuerland wie Zypern oder Malta ist, ist ja ganz klar. Aber es gibt ja dann auch Unternehmen für die das passt. Die Personalkosten in Tschechien sind geringer und es ist eben doch nicht so weit weg, dass man jetzt komplett in eine andere Welt eintauchen muss oder sogar extra hinfliegen muss. Tschechien kann man doch noch mit dem Auto erreichen und das macht es auch so interessant. Gibt es Anreize steuerlicher Natur oder finanzieller Natur für Unternehmen, die sich niederlassen wollen, das wäre vielleicht noch eine Frage.
00:35:26 - Gibt es steuerliche oder finanzielle Vorteile für ausländische Unternehmen, die sich in Tschechien niederlassen wollen?”
René Ja, es gibt die neuen Förderprojekte von der EU, die jetzt gerade alle ausgeschrieben wurden. Ab 2022 mit einer Laufzeit bis 2029. Auf der nationalen Ebene, also von tschechischer Seite aus, gibt es die Czech Invest, das ist die Investitionsförderungs-Agentur Tschechiens. Das wären auch die Ansprechpartner dafür. Dann gibt es mehrere Fördertöpfe für Aus- und Weiterbildung. Es gibt Fördertöpfe für den ganzen Bereich der Energieeffizienz. Auch ein Thema, das ich vergessen habe zu erwähnen: Es gibt Gesetzmäßigkeiten von der EU und der Tschechischen Regierung, die Unternehmen anhalten, unbedingt auch die CO2-Emissionen zu senken. Also der ganze Energieeffizienz-Bereich, alternative Energien, das sind Bereiche, da gibt es sehr große Fördertöpfe, die bereitgestellt werden von der EU, aber auch von Tschechien.
Daniel Und wenn ich jetzt als deutsches Unternehmen nach Tschechien komme, dann habe ich auf diese Förderungen auch voll uneingeschränkten Zugriff? Auch wenn ich ein neues Unternehmen gründe?
René Ja, man hat Zugriff darauf. Was man in Tschechien aber nicht mehr sein will, ist, als die verlängerte Werkbank zu gelten. Die Zeiten sind vorüber. Aber wenn man Innovationen mitbringt, dann rennt man hier eigentlich offene Türen ein. Da gibt es wirklich Möglichkeiten. Wir als Auslandhandelskammer haben auch die Dienstleistung der Fördermittel-Beratung. Da arbeiten wir mit einem Unternehmen zusammen, das sich darauf spezialisiert hat, an Fördertöpfe heranzutreten und Anträge für eine Förderung zu stellen. Also da hat man auch als ausländisches Unternehmen natürlich gute Möglichkeiten, sofern man hier Arbeitsplätze schafft, und sofern man natürlich auch ein bestimmtes Maß an Steuern in den Fiskus einbringt.
**00:37:59 - Tschechien hat keinen Euro - Wirkt sich das positiv oder negativ für Unternehmen aus?”
Daniel Tschechien hat ja keinen Euro. Wirkt sich das denn auf irgendeine Art und Weise positiv oder negativ aus?
René In der Vergangenheit ist es ja so gewesen, dass jede Regierung Überlegungen angestrebt hat, den Euro in Tschechien einzuführen. Wir haben ihn ja überall herum. In Österreich, in Deutschland, in der Slowakei ist der Euro. Aber in Tschechien ist man ja doch so ein bisschen stolz auf seine eigene Währung. Die tschechische Krone ist ja eigentlich auch eine recht solide Währung. Und daran möchte man schon festhalten. Es gibt immer wieder so Bewegungen, die pro Euro-Einführung sind und dann gibt es doch auch sehr viele, die sagen "Nein auf gar keinen Fall, es wird nicht dazu kommen".
Daniel Es ist ja auch im Grunde genommen intelligent. Ich meine, gerade bei den südeuropäischen Ländern, könnte man sich ja fragen, ob die Einführung des Euro tatsächlich sinnvoll war? Da ist ja die ganze Wettbewerbsfähigkeit letztlich verloren gegangen. Also wenn ich meine eigene Währung habe, kann ich die Währung selbst ein bisschen abwerten, wenn es notwendig ist. Da hab ich ja doch ein gutes Mittel in der Hand, um hier die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten oder möglicherweise zu steigern. Ansonsten (mit dem Euro) muss ich mich dann gleich mit Deutschland und anderen Ländern bessern.
René Ja, natürlich. Man muss aber schon sagen, wir als Kammer haben im vergangenen Jahr fast 100.000 Euro Verluste gemacht durch Währungsverluste. Weil die Krone jetzt in der Vergangenheit relativ stark aufgewertet wurde, und damit auch alle Zahlungen in Kronen, und das ist ja die Mehrheit der Zahlungen, die wir hier haben. Die sind dann natürlich nicht mehr so viel wert gewesen. Da hatten wir dann auch so ein bisschen das Nachsehen. Auch für viele Unternehmen, die im Außenhandel unterwegs sind, hat sich der Export nach Tschechien damit auch nochmal deutlich verteuert. Und das führte bei einigen Unternehmen dann zu Verlusten. Das ist eigentlich ein Argument dafür, dass es doch mal besser wäre, den Euro in Tschechien einzuführen. Aber die Diskussionen werden, glaube ich, ins Unendliche weitergeführt werden.
00:40:45 - Welche Vorteile hat Tschechien für Unternehmen gegenüber anderen Ländern in Osteuropa?
Daniel Du hast jetzt schon mehrfach die Nachbarn von Tschechien angesprochen. Was sind jetzt zum Beispiel Standort-Vorteile gegenüber Polen oder auch gegenüber der Slowakei oder Bulgarien, oder Rumänien. Warum Tschechien? Was ist dort für Unternehmen vorteilhaft gegenüber den anderen Ländern in Osteuropa? Kann man da allgemeine Aussagen treffen?
René Wenn man jetzt den direkten Vergleich nimmt zwischen Tschechien und Polen, zum Beispiel, ist Tschechien schon das klassische Industrieland schlechthin. Also starke Industrialisierung, deutlich mehr als in Polen. Polen ist nicht so ein klassisches Industrieland. Das Gleiche gilt auch im Vergleich mit der Slowakei oder auch mit Ungarn. Die Länder Bulgarien, Serbien, oder Rumänien da hat Tschechien teilweise jetzt den Nachteil durch den Fachkräftemangel. Auch, dass die Karawane so ein bisschen weiterzieht. Wir haben schon auch Formationen von Unternehmen, die gesagt haben, "Wir würden gerne eigentlich nach Tschechien gehen, aber wenn wir keine Fachkräfte mehr haben, können wir ja überhaupt gar keine Arbeitskräfte mehr bekommen. Dann müssen wir eben weiterziehen. Und dann bekommen wir die auch noch zu günstigeren Konditionen, zu günstigeren Kosten, Löhnen und Gehältern in Rumänien und in Serbien." Das hört man jetzt doch auch zunehmend eigentlich. Der ganze Balkan, der Westbalkan, rückt ja jetzt mehr und mehr in den Fokus und das auch zulasten Tschechiens. Aber dann denkt man sich hier in Tschechien, dass das in Ordnung ist. Wir haben sowieso genug hier auch.
Daniel Tschechien, oder die Tschechoslowakei, damals noch zu Ostblock-Zeiten, war damals schon ein Industriestaat, nicht? Als Junge hat man doch immer so neidisch auf den Tatra geguckt, dieses tschechische Auto. Wir haben immer gesagt, man kann auf der Hut-Ablage schlafen. Das war das größte Auto das es im Ostblock damals gab. Und wenn man dann nach Tschechien zum Autorennen gefahren ist, war das immer ganz eindrucksvoll, wenn die ersten Runden immer so 2 Tatras vorgefahren sind. Und, ich glaube, die Straßenbahnen kamen auch aus Tschechien.
René Skoda ist ja auch im Waggonbau sehr aktiv. Unsere Bahn-Reise wird auch zu Skoda fahren, also nach Pilsen. Hat jetzt nichts mit dem Skoda Auto zu tun, sondern ist ein ganz eigener Zweig, der dort sehr stark ist.
00:43:42 - Bezüglich der Ukrainesituation: Muss man sich Sorgen über die Zukunft in Tschechien machen?
Daniel Skoda und Bahn-Industrie ist eine gute Sache. Jetzt, ohne nochmal auf die Ukraine Situation einzugehen, aber es tangiert ja zurzeit alles: Muss man sich Sorgen machen, dass man in Zukunft hungert? Tschechien hat zwar sehr viel Industrie, aber kann sich als Land vielleicht selbst nicht ernähren. In Ländern in der Europäischen Union, in Spanien, zum Beispiel, soll jetzt angeblich Sonnenblumenöl im Verkauf rationiert werden, habe ich gehört. In Bulgarien, glaube ich, haben sie jetzt den Export von Weizenprodukten limitiert, oder sogar verboten. Weil man einfach sagt "Wir müssen uns auf die Ernährung unserer eigenen Bevölkerung konzentrieren und erstmal die satt kriegen." Und das kann möglicherweise zu Störungen von Nahrungsmittelversorgung in vielen Bevölkerungen führen. Wie sieht es denn hier mit Tschechien aus? Wie sehr kann sich Tschechien selbst ernähren? Also was muss man von außen reinholen und was muss man zukaufen? Könnte es da mal Probleme geben?
René Tschechien ist natürlich kein klassisches Agrarland, das ist eher Polen wiederum. Aber ich habe nichts in die Richtung gehört, dass es hier jetzt Engpässe gibt. Was wir jetzt natürlich sehen, ist, dass die Preise steigen. Wir haben schon länger eine steigende Inflation und auch eine Preiserhöhung im Lebensmittelbereich. Das auf alle Fälle. Aber, dass es hier zu Engpässen kommt, dass es zu Defiziten kommt, ist, sehe ich jetzt hier für Tschechien nicht. Was man so liest, ist Ukraine nicht nur die Korn-Kammer Europas, sondern auch für die ganze Welt. Das wird anscheinend Auswirkungen auf die Ernährung in Afrika haben. In der Ukraine ist der Weizen und der ist nach Afrika geliefert worden. Die hingen da ziemlich an der Versorgung dran. Und das fällt jetzt aus. Also das ist hier das größere Problem. Für Tschechien sehe ich da jetzt erstmal keine Probleme. Hoffen wir mal.
Daniel Hoffen wir alle. Da bräuchte man eine Glaskugel um reinzugucken und die haben wir nicht.
René Raps ist dann noch die andere Sache. Unter dem ehemaligen Premierminister ist Raps ja ganz stark gefördert worden. Überall entstanden hier Raps-Felder in Tschechien. Also da wird es gar keinen Mangel geben.
Daniel Ich wohne zurzeit in Griechenland und Olivenöl und Oliven wird es wahrscheinlich auch immer geben. Aber ich backe hier selber Brot. Und Mehl, zum Beispiel, bekomme ich jetzt hier schon seit 2 Wochen nicht.
René Ehrlich??
Daniel Also das normale Mehl, was einen normalen Preis hat, wo man sagt, es lohnt sich, selber Brot zu backen. Es gibt nur noch Mehl zum dreifachen Preis und auf das andere, da wartet man jetzt schon seit 10 Tagen auf die Lieferung. Es wird in einigen Stellen schon rationiert und auf bestimmte Produkte gibt es auch Verknappungen. Also ich bin wirklich gespannt, was die nächste Zeit noch bringt. Ich denke, das wird sich erst in ein paar Monaten so richtig deutlich zeigen. Aber Wohl dem Land, was natürlich auch die Ressourcen hat, um sich selbst in der Hinsicht über Wasser zu halten.
René Ja, auf alle Fälle.
00:47:40 - 4 Fakten zu Tschechien
Daniel Also wir haben am Ende immer noch so eine kurze Frage kurze Antwort. Erste Frage: Würde ich jetzt meinen Wohnsitz nach Prag oder nach Tschechien verlegen, was wäre nach kurzer Zeit wahrscheinlich mein Lieblingsgericht?
René Svíčková. Das ist ein Lendenbraten mit super leckerem Gemüse und Soße.
Daniel Klasse, das müssen wir dann probieren, wenn wir wieder da sind. Zweite Frage: Das beste Bier ist…
René Mittlerweile, würde ich sagen, Craftbeer. Es gibt verschiedene Sorten von Craftbeer. Nicht nur das Pilsner, natürlich, sondern es gibt viele kleine Brauereien, die wunderbares Bier herstellen.
Daniel Dritte Frage: Welche Sehenswürdigkeit, wenn ich nur wenig Zeit habe, muss ich unbedingt gesehen haben?
René Cesky Krumlov! Das ist ein wunderbarer Ort, der zu jeder Jahreszeit einfach schön ist, am besten natürlich im Sommer. Auch von vielen Touristen aus Südostasien besucht. Das ist ein Ort, da fühlt man sich ausgesprochen wohl. Und dann würde ich, wenn ich noch darf, einen zweiten Ort sehr empfehlen, wo ich immer gerne bin, weil es einfach schön ist. Das ist Karlsbad, Karlovy Vary.
Daniel Wenn ich jetzt in Tschechien bin, sei es als ich wohne da oder ich habe ein Unternehmen da, welchen Fehler muss ich unbedingt vermeiden?
René Man darf nicht Tschechei sagen. Und man sollte nicht unbedingt sofort in russischer Sprache mit jemandem sprechen.
Daniel Sehr gut, alles klar. René, es hat uns unwahrscheinlich Spaß gemacht mit dir zu sprechen. Wir haben viel dazu gelernt, über Tschechien. Man dachte vielleicht einiges zu wissen, aber man lernt immer was dazu. Wir hoffen, dass der eine oder andere unserer Zuschauer und Zuhörer sich auch motiviert fühlt, sich jetzt vielleicht mehr mit dem Land zu beschäftigen. Vielleicht sagst du am Ende noch ganz kurz, wenn man jetzt Fragen hat, die hier nicht beantwortet werden konnten, und für diejenigen, die mehr wissen wollen: Wie kann man dich oder einen Mitarbeiter von dir am besten erreichen?
00:50:15 - Kontakdaten René Harun
René Am Einfachsten ist es wirklich, eine E-Mail zu schreiben mit meinem Nachnamen Harun@DTIHK.CZ oder ansonsten gebe ich auch gerne meine Handynummer gleich mal durch das ist +420 für Tschechien 603280084 also +420 603280084. Ich freue mich auf viele E-Mails, viele Anrufe und auch mir hat es unheimlich viel Spaß gemacht, mit euch beiden jetzt gesprochen zu haben. Daniel, wir kennen uns ja noch aus der alten Zeit. Immer schön, wenn man mit guten alten Bekannten, mit Freunden, dann in Verbindung bleibt. Das ist immer gut. Man sieht sich nämlich öfter im Leben und das finde ich ja eine sehr spannende Sache in diesem internationalen Verkehr. Und Sebastian, wir sehen uns dann ja auch öfter.
Daniel Sehr gut, so machen wir das. Vielen dank, war sehr interessant.
René Ciao, danke!
Sebastian Tschüss, René!
René Tschüss.
Daniel Bis zur nächsten Folge von Perspektive Ausland. Der Podcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht.